Denkanstoß

„Voll Glauben sind diese alle gestorben, ohne das Verheißene erlangt zu haben; nur von fern haben sie es geschaut und gegrüßt und haben bekannt, dass sie Fremde und Gäste auf Erden sind.“ (Hebr. 11, 13)

Liebe Brüder und Schwestern!

In diesen Tagen hört man sehr viel über Flüchtlinge. In vielen Gebieten herrscht Krieg und Not. Die einheimische Bevölkerung ist oft dazu gezwungen, ihr Hab und Gut Hals über Kopf zu verlassen, um wenigstens ihr nacktes Leben zu retten.

Über die italienische Insel Lampedusa, wo diese armen Leute zuerst anlanden, werden sie dann nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel an die EU-Staaten verteilt, wo sie hoffentlich Zuflucht finden und zur Ruhe kommen können. Auch die Kirche öffnet sich für die Flüchtlinge. Ich selbst war vor kurzem bei einem Gottesdienst mit dem Augsburger Bischof Dr. Konrad Zdarsa dabei, der es sich nicht nehmen ließ, die ersten 20 Flüchtlinge in Maihingen zu begrüßen. Dort fanden sie Zuflucht in einem ehemaligen Minoritenkloster.

Die Kirche handelt hier in guter Tradition. Vergessen wir nicht: Jesus selbst war Fremdling! Gott wurde Mensch in Jesus Christus. Das war sozusagen die erste Stufe zur Erlösung. Soeben hat die Advents- und Weihnachtszeit begonnen, in der wir uns wieder darauf besinnen, dass Gott in die Welt kam, um uns zu erlösen.

Und Jesus war auch heimatlos. Wir alle erinnern uns an die Herbergssuche, bei der Maria und Josef mit dem noch ungeborenen Jesus keinen Platz gefunden haben und schließlich in einem Stall Zuflucht gefunden haben.

Aber Jesus war auch ein Flüchtling. Aus dem Matthäusevangelium wissen wir, dass die heilige Familie nach Ägypten geflohen ist, da Herodes Jesus töten lassen wollte. Herodes konnte und wollte nicht zulassen, dass es einen neugeborenen König der Juden gab, der ihn selbst möglicherweise vom Thron vertreiben würde.

Jahre später sagte Jesus, sein Königtum sei nicht von dieser Welt. Hier wiederum schließt sich der Kreis zu dem obengenannten Schriftwort. Als Christen sind wir ebenfalls nur Fremde und Gäste hier auf Erden, da unser ganzes Streben auf die vorweggenommene unsichtbare Wirklichkeit in der Ewigkeit ausgerichtet ist.

In der Advents- und Weihnachtszeit haben wir hoffentlich etwas Zeit, uns auf eben diese unsichtbare und zukünftige Wirklichkeit zu besinnen. Gott kam in die Welt und wurde Mensch in Jesus Christus.

In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern eine ruhige und besinnliche Advents- und Weihnachtszeit!

Et pax Dei, quae exsuperat omnem sensum, custodiet corda vestra et intelligentias vestras in Christo Iesu. Amen!




© Brother Colin MacTarbh OSB obl. (30.11.14)